2020-12-19

Weitere Informationen zum möglichen SETI-Signal von Proxima Centauri



Berkeley (USA) – Seit vor zwei Tagen die Nachricht über ein von SETI-Astronomen mit dem Parkes-Radioteleskop aufgefangenes, potenzielles intelligentes Signal aus dem Planetensystem unseres Nachbarsterns Proxima Centauri bekannt wurde (…GreWi berichtete als erstes deutschsprachiges Nachrichtenportal), überschlagen sich die Informationen und Spekulationen. 

Ein Update…

Zuvor hatte der britische „The Guardian“ erstmals über die Entdeckung eines extrem schmalbandigen Signals aus Richtung des nur 4,2 Lichtjahre entfernten roten Zwergsterns Proxima Centauri berichtet, der von mindestens einem erdartigen Planeten innerhalb dessen lebensfreundlicher Zone umkreist wird (…GreWi berichtete).

Da das Signal aber weiterhin verifiziert und untersucht werden muss, um bekannte terrestrische oder auch astrophysikalische Quellen ausschließen zu können, und ein Fachartikel über das Signal noch nicht ordentlich publiziert wurde, hielten sich die beteiligten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen der SETI-Initiative „Breakthrough Listen“ mit offizielles Statements noch zurück. Auch eine Presseanfrage von Grenzwissenschaft-Aktuell.de blieb bislang unbeantwortet.

Gegenüber dem „Scientific American“ hat sich nun aber der Leiter von „Breakthrough Listen“, Prof. Andrew Siemion von der University of California in Berkeley zum Signal geäußert und gibt zu bedenken, dass noch viel Arbeit zu leisten sei, bevor das Signal als SETI-Signal bewertet und bestätigt werden könne: „Das Signal hat einige Eigenschaften, aufgrund derer es bereits zahlreiche Kontrollpunkte für ein SETI-Signal bestanden hat und wir können es bislang nicht erklären.“

Besonders auffallend sei aber der exrem schmale Frequenzbereich bei 982.002 Megahertz. Damit liege das Signal in einem zumindest in einem technologischen Bereich “Wir kennen keine natürlichen Weg, elektromagnetische Energie in eine derart eingeschränkte Frequenz zu zwängen”, so Siemion weiter und spekuliert, dass es sich vielleicht auch um eine exotische und unbekannte Form von plasmaphysikalischem Phänomen handeln könnte. „Derzeit ist die einzig sinnvolle Erklärung jedoch, dass es sich um das Resultat einer Technologie handelt.” Gegenüber dem „Scientific American“ hat sich auch der SETI-Astronom Prof. Jason Wright von der Penn State University in Pennsylvania zum Signal geäußert und erklärt gerade zu letzterem Aspekt: „Leider haben gerade wir Menschen eine ganze Menge Technologie im außerirdischen Raum platziert.“

„Es handelt sich um das bislang faszinierendste Signal, das von den Breakthrough-Astronomen bislang aufgefangen wurde, weil bislang kein Signal so viele Filter und Tests durchlaufen und bestanden hat“, fügt Sofia Sheikh, ebenfalls von der Penn State University und an der Analyse des als „BLC1“ (Breakthrough Listen Candidate 1) bezeichneten Signals hinzu.

Wie die SETI-Astronomen und -Astronominnen weiter erläutern, bedarf es einiger Barrieren in Form verschiedener Vorabtests, bevor – wie nun geschehen – ein Signal als Kandidat für ein potenzielles SETI-Signal anerkannt wird. Diese Tests dienen hauptsächlich dazu, irdische technologische Quellen ausschließen zu können. Besteht ein Signal diese Tests, suchen Wissenschaftler nach möglichen Fehlerquellen in den Daten, etwa nach Hintergrundrauschen. Schlussendlich wird mithilfe von Algorithmen nach einem möglichen sinnvollen Inhalt im Sinne einer Botschaft oder eines intelligenten Musters gesucht.

Hintergrund

Bei Proxima Centauri handelt es sich um einen roten Zwergstern in 4,2 Lichtjahren Entfernung zur Sonne.

Künstlerische Darstellung des erdartigen Planeten um Proxima Centauri (Illu.).
Copyright: ESO/M. Kornmesser

Proxima Centauri wird von zwei Planeten umkreist, von denen mindestens einer erdartig ist seinen Stern innerhalb dessen habitablen Zone umrundet. Bei dieser lebensfreundlichen Zone handelt es sich um jene Abstandsregion, innerhalb derer ein Planet seinen Stern umkreisen muss, damit aufgrund gemäßigter Temperaturen Wasser in flüssiger Form – und damit zumindest die Grundlage des irdischen Lebens – auf seiner Oberfläche existieren kann. Allerdings weist der Rote Zwerg eine erhöhte stellare Aktivität auf, weswegen einige Planetenwissenschaftler und Astrobiologen vermuten, dass die Planeten starker schädlicher Strahlung, Ausbrüchen und dem Sonnenwind ihres aktiven Sterns ausgesetzt sind, wie sie Leben auf der Oberfläche der Planeten unmöglich machen und mögliche Atmosphären ins All reißen würden (…GreWi berichtete). Allerdings könnte es auch sein, dass die Planeten im Proxima-System – wie unsere Erde auch – von starken planetaren Magnetfeldern vor der stellaren Strahlung ihres Sterns geschützt werden.

Derzeit stimmen die meisten der angefragten SETI-Astronomen noch in den Kanon der wissenschaftlichen Sprachregelung ein, wonach „Aliens“ immer die letzte Option sein sollten, wenn es darum geht, unerklärte Signale aus dem All zu deuten. Allerdings wollen die SETI-Astronomen diese Option auch nicht gänzlich ausschließen. „Das wahrscheinlichste Szenario ist jenes, wonach sich das Signal schlussendlich als Signal einer irdischen Quelle herausstellt“, unterstreicht der ehemalige NASA-Wissenschaftler und heutige Executive Director der Breakthrough-Inititiativen, Pete Worden.

Tatsächlich weise “BLC1” denn auch keine spezifischen Besonderheiten auf, auf die irdische SETI-Astronomen hoffen, wenn sie im All nach sogenannten „Technosignaturen“, also deutlichen Hinweisen auf die Nutzung einer außerirdischen Technologie, hoffen. „Auch wenn das Signal von Proxima Centauri zu kommen scheint, scheint es keine Eigenschaften einer Technosignatur wie spezielle Modulation zu besitzen. Bildhaft gesprochen ist BLC1 nur ein Ton, eine musikalische Note“, erläutert Siemion gegenüber dem „Scientific American“. „Zum jetzigen Zeitpunkt haben wir noch keine zusätzlichen Merkmale gefunden. (…) Zudem scheint es sich ganz langsam und ebenso minimal in einer Art und Weise zu verändern, wie sie mit der Bewegung entweder unserer eigenen Erde oder aber einem Proxima-Planeten entspricht.“ Im letzteren Fall könnte es sich also auch um einen sich mit dem Planeten bewegenden Sender auf dessen Oberfläche handeln.

Weitere Folgebeobachtungen konnten das Signal nicht wiederfinden. Auch dies wäre eine Voraussetzung, um BLC1 als echtes SETI-Signal anzuerkennen: „Sollte es sich um ein absichtlich gesendetes Signal handeln, so gehen wir davon aus, dass sich das Signal wiederholen sollte“, erklärt Shami Chatterjee von der Cornell University in New York und führt dazu weiter aus: „Sollte ein unabhängiges Team das gleiche Signal wiederfinden und bestätigen, dann wäre das schon eine große Sache. Ich wette aber, dass dies nicht passiert.”

Während die Behauptung, laut der ein echtes SETI-Signal sich wiederholen sollte/müsste, aus irdisch-wissenschaftlicher Sicht nachvollziehbar erscheint, vergisst das Argument, dass auch irdische Astronomen bereits mehrfach Einzelsignale ins All gesendet haben und auch dies mit der Absicht, eine Botschaft an Außerirdische zu senden (METI).

Trotz aller derzeitigen Kontroverse um das Signal handelt es sich um das bislang spannendste Signal, das innerhalb der Suche nach außerirdischer Intelligenz gefunden und untersucht wurde. In einigen Monaten, wenn die Untersuchungen abgeschlossen sein werden, wissen wir vermutlich mehr. Bis dahin bleiben zumindest die SETI-Astronomen bei ihrem Credo: “Es sind niemals die Aliens – zumindest so lange nicht, bis es dann doch die Aliens sind“…

…GreWi wird weiterhin berichten.

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