2021-12-07

Vorbild Star Trek: Physiker erzeugen erstmals echte Warp-Blase


Darstellung einer echten Warp-Blase im Nano-Maßstab.
Copyright: H. G. White et al./LSI

Houston (USA) – Der Traum vom interstellaren und intergalaktischen Reisen wird nicht zuletzt durch die Lichtgeschwindigkeit als vermeintliche unerreichbare Obergrenze der Fortbewegung eingeschränkt und gilt derzeit noch als Utopie aus Science-Fiction-Serien wie Star Wars und Raumschiff Enterprise. Tatsächlich basiert der Warp-Flug jedoch auf zumindest theoretisch möglichen Grundlagen. US-Physiker haben nun zufällig erstmals eine Warp-Blase erzeugt, die im Kleinstmaßstab die notwendigen Eigenschaften erfüllt. Vom Warp-Flug sind wir dennoch immer noch weit entfernt. Ein erster kleiner Schritt könnte damit aber getan sein.

„Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, will ich das ganz klar sagen, unsere Entdeckung ist kein Analog-Modell zur Vorstellung einer Warp-Blase. Es handelt sich um eine echte, wenn auch extrem winzige und sehr schwache Warp-Blase”, erläutert Dr. Harold G “Sonny” White vom Limitless Space Institute (LSI) gegenüber dem US-Portal „TheDebrief.org“ und unterstreicht damit ein weiteres Mal, dass es sich wirklich um eine Warp-Blase handelt, die in unserer Realität erzeugt wurde.

Grundlage für die aktuelle Arbeit, deren Ergebnis White und Kollegen auch bereits im „European Physical Journal“ (EPJ; DOI: 10.1140/epjc/s10052-021-09484-z) publiziert haben, ist das Konzept des mexikanischen Physikers Miguel Alcubierre. Dieses sieht vor, das Raum-Zeit-Gebiet um ein Raumschiff herum derart zu verändern, dass der Abstand zwischen Start- und Zielpunkt verringert wird. Die Raum-Zeit müsste in Reiserichtung gestaucht und nach Passage des Schiffs wieder expandiert werden. Auf diese Weise würde eine Blase – eine sog. Warp-Blase – entstehen, innerhalb derer das Raumschiff dann mit Überlichtgeschwindigkeit mitreisen könnte. Das Raumschiff selbst würde sich also nicht Bewegen, sondern der Raum bzw. die Raum-Zeit um das Schiff herum geführt werden.


Grafische Darstellung des Konzepts eines Warp-Raumschiffs nach Alcubierre und White (Illu).
Copyright: H. G. White et al./LSI

Damit ein solches Warp-Raumschiff aber nicht den physikalischen Gesetzen widerspricht, wäre ein Treibstoff mit negativer Energiedichte (sog. exotische Materie) notwendig. Lange Zeit galt die für einen praktikablen Warp-Flug notwendige Menge an derart exotischer Materie als viel zu hoch, um das Konzept auch nur in Reichweite einer auch nur ansatzweise denkbaren Anwendung zu verlagern. In den vergangenen Jahren haben unterschiedliche Forscher hingegen theoretische Ansätze vorgelegt, mit denen sich die notwendige Menge an exotischer Materie auf praktikablen Größenordnungen reduzieren lassen könnte. Laut einem Ansatz des Physikers Sergei Krasnikov, der statt von einer vorher ungekrümmten Raum-Zeit von einer bereits gekrümmten Raum-Zeit ausgeht, wären sogar nur noch 10 Kilogramm bis hin zu wenigen Milligramm exotischer Materie notwendig (…GreWi berichtete, siehe Links u.).

Die neuste Entdeckung gelang White und Kollegen nun selbst eher zufällig während Experimenten zu Eigenschaften sogenannter Casimir-Effekte zwischen zwei Metallplatten, die selbst keinen direkten Bezug zur Frage nach Warp-Technologien haben.

Hintergrund

Der Casimir-Effekt ist ein quantentheoretisch deutbarer Effekt der Mikrophysik, der bewirkt, dass auf zwei parallele, leitfähige Platten im Vakuum eine Kraft wirkt, die beide zusammendrückt. Der Effekt wurde 1948 durch Hendrik Casimir vorhergesagt und auch nach ihm benannt. 1956 und 1958 erfolgte die experimentelle Bestätigung. Wissenschaftler untersuchen die Möglichkeiten, den Casimir-Effekt im Bereich der Nanotechnologie für Mikrosysteme nutzbar zu machen. (Quelle: Wikipedia)

Wie White auch in einem Online-Vortrag des American Institute of Aeronautics and Astronautics (AIAA) Propulsion Energy Forum in August of 2021 berichtete, habe er während dieser Experimente auf “Mikro/Nano-Maßstabsebene eine Struktur entdeckt, die der Verteilung negativer Energiedichte gleicht, wie sie für das Alcubierre-Prinzip notwendig wäre“. Gegenüber TheDebrief.org bezeichnet White diese Struktur als „reale, wenn auch kleine und sehr schwache Warp-Blase“.



Die Entdeckung bestätige nicht nur die zuvor als notwendig vorhergesagte ringförmige Struktur (Torus) und die negativ-energetischen Eigenschaften einer Warp-Blase, sondern zeige auch Wege auf, wie auch andere Wissenschaftler das Design erforschen und untersuchen könnten, um auf diese Weise eines Tages vielleicht sogar eine ausreichend große Warp-Blase nach Alcubierre zu erschaffen, mit der dann auch ein Raumschiff angetrieben werden kann.

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Selbst haben White und Kollegen schon jetzt ein Design-Konzept für ein nano-großes Warp-Raumschiff entwickelt, mit dem zwar keine Reisen zu fernen Sonnensystemen und Galaxien möglich sind, das aber für weitere Untersuchungen und Experimente genutzt werden soll. Dieses „Spielzeug-Modell“ soll aus einer Kugel mit einem Durchmesser von 1 Mikrometer (dem millionsten Teil eines Meters) bestehen, die sich im Innern eines 4 Mikrometer durchmessenden Zylinders befindet. In ersten Experimenten zeigte dieses Prinzip „eine dreidimensionale Casimir-Energiedichte, die den Anforderungen des Alcubierre-Modells entsprechen“, so White, fügt aber hinzu, dass man bislang noch ein wirkliches Modell konstruiert habe.

Zunächst gelte es nun, umfassende Grundlagenforschung mit Modellen und Experimenten durchzuführen, um mehr über die Eigenschaften der nano-großen Warp-Blasen herauszufinden. Der tatsächliche Start-Termin für den ersten Warp-Flug der Menschheit steht also weiterhin noch in den Sternen…

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