Weltpremiere: Physiker haben erstmals einen Zeitkristall auf Video gebannt – einen Materiezustand, der räumlich und zeitlich periodisch geordnet ist. Möglich wurde dies, weil der Zeitkristall anders als seine Vorgänger mehrere Mikrometer groß war und bei Raumtemperatur „tickte“. Solche makroskopischen Zeitkristalle könnte künftig ganz neue Forschungs- und Anwendungsmöglichkeiten bieten, wie die Forscher erklären.
Normale Kristalle sind durch die regelmäßige, symmetrische Gitterstruktur ihrer Grundbausteine gekennzeichnet. Doch es gibt Kristalle, die eine solche Ordnung auch in der Zeit zeigen – sie ändern regelmäßig ihren Zustand. Solche Zeitkristalle haben Forscher unter anderem aus Ytterbium-Ionen mit umklappenden Spins erzeugt, aber auch in einem mit Radiopulsen angeregten Allerweltskristall. Auch die Wechselwirkung zweier Zeitkristalle wurden schon beobachtet.
Eines aber haben all diese Zeitkristalle gemeinsam: Ihr Ticken findet bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt statt und ihre Strukturen bewegen sich in Größenordnungen von wenigen Nanometern.
Neuer Zeitkristall „tickt“ schon bei Raumtemperatur
Jetzt jedoch ist etwas Neues gelungen: Erstmals haben Physiker einen Zeitkristall erzeugt, der bei Raumtemperatur „tickt“ und der mehrere Mikrometer groß ist. Das ermöglichte es ihnen, diesen Zeitkristall in Aktion zu filmen – eine Weltpremiere. Für ihr Experiment nutzten Nick Träger vom Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme in Stuttgart und seine Kollegen eine flache Kupfer-Antenne, auf die sie einen 30 Nanometer breiten und elf Mikrometer breiten Streifen einer magnetischen Eisen-Nickel-Legierung (Fe20Ni80) platzierten.
An diesen Aufbau wurde ein hochfrequentes Mikrowellenfeld angelegt, das seinerseits ein oszillierendes Magnetfeld produzierte. Dies führte dazu, dass in dem Legierungsstreifen Magnonen entstanden – kollektive magnetische Anregungszustände, die Eigenschaften von Quasiteilchen besitzen. Das Entscheidende jedoch: Diese Magnonen kondensierten spontan in ein streifenförmiges, wiederkehrendes Muster in Raum und Zeit – der Zeitkristall begann zu ticken.
Auf Video gebannt
Diesen Zeitkristall und seine periodisch wiederkehrende Ordnung haben Träger und sein Team dann im Bewegtbild sichtbar gemacht. Dies gelang mithilfe des Raster-Röntgenmikroskops an der Synchrotronanlage Bessy II am Helmholtz Zentrum Berlin. Dieses tastet den Kristall mit einem hochfokussierten Röntgenstrahl ab und kann so die periodische Magnetisierungsstruktur abbilden.
Auf diese Weise gelang das weltweit erste Video eines Raum-Zeit-Kristalls bei Raumtemperatur. Es zeigt deutlich, wie sich die Magnonen in regelmäßigem Takt zu einem Streifenmuster anordnen, das sich dann wieder auflöst. Im Experiment belegten die Physiker zudem, dass dieser magnonische Zeitkristall auch mit weiteren Magnonen interagieren kann. „Das konnte bisher noch niemand in einem Experiment direkt zeigen, geschweige denn in einem Video“, sagt Träger.
Diesen Zeitkristall und seine periodisch wiederkehrende Ordnung haben Träger und sein Team dann im Bewegtbild sichtbar gemacht. Dies gelang mithilfe des Raster-Röntgenmikroskops an der Synchrotronanlage Bessy II am Helmholtz Zentrum Berlin. Dieses tastet den Kristall mit einem hochfokussierten Röntgenstrahl ab und kann so die periodische Magnetisierungsstruktur abbilden.
Auf diese Weise gelang das weltweit erste Video eines Raum-Zeit-Kristalls bei Raumtemperatur. Es zeigt deutlich, wie sich die Magnonen in regelmäßigem Takt zu einem Streifenmuster anordnen, das sich dann wieder auflöst. Im Experiment belegten die Physiker zudem, dass dieser magnonische Zeitkristall auch mit weiteren Magnonen interagieren kann. „Das konnte bisher noch niemand in einem Experiment direkt zeigen, geschweige denn in einem Video“, sagt Träger.
Neue Anwendungen möglich
Nach Ansicht der Forscher eröffnet diese Form des Zeitkristalls ganz neue Möglichen der Forschung und Anwendung: „Wir konnten zeigen, dass solche Raum-Zeit-Kristalle viel robuster und weit mehr verbreitet sind, als man zunächst dachte“, sagt Koautor Pawel Gruszecki von der Adam-Mickiewicz-Universität in Poznan. „Zudem hat er eine Größe erreicht, mit der man etwas mit dem Raum-Zeit-Kristall machen könnte. Daraus ergeben sich neben den spannenden fundamentalen Einblicken auch möglicherweise viele Anwendungen.“
Ähnlich sieht dies auch Trägers Kollege Joachim Gräfe: „Klassische Kristalle haben ein sehr breites Anwendungsfeld. Wenn nun Kristalle nicht nur im Raum, sondern auch in der Zeit interagieren können, fügen wir eine weitere Dimension möglicher Anwendungen hinzu. Das Potenzial für Anwendungen in der Kommunikationstechnik, der Radartechnik oder Bildgebung ist groß.“ (Physical Review Letters, 2021; doi: 10.1103/PhysRevLett.126.057201)
Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme
10. Februar 2021
Nach Ansicht der Forscher eröffnet diese Form des Zeitkristalls ganz neue Möglichen der Forschung und Anwendung: „Wir konnten zeigen, dass solche Raum-Zeit-Kristalle viel robuster und weit mehr verbreitet sind, als man zunächst dachte“, sagt Koautor Pawel Gruszecki von der Adam-Mickiewicz-Universität in Poznan. „Zudem hat er eine Größe erreicht, mit der man etwas mit dem Raum-Zeit-Kristall machen könnte. Daraus ergeben sich neben den spannenden fundamentalen Einblicken auch möglicherweise viele Anwendungen.“
Ähnlich sieht dies auch Trägers Kollege Joachim Gräfe: „Klassische Kristalle haben ein sehr breites Anwendungsfeld. Wenn nun Kristalle nicht nur im Raum, sondern auch in der Zeit interagieren können, fügen wir eine weitere Dimension möglicher Anwendungen hinzu. Das Potenzial für Anwendungen in der Kommunikationstechnik, der Radartechnik oder Bildgebung ist groß.“ (Physical Review Letters, 2021; doi: 10.1103/PhysRevLett.126.057201)
Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme
10. Februar 2021
Siehe dazu auch hier auf dem Blog:
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